Sonntag, 29. April 2007

FV Gröditz 1911 - TSV Stahl Riesa 2:4 (1:1)


Als der Schreiberling dieser Zeilen den Bahnübergang der Strecke Riesa – Elsterwerda in Gröditz per Fahrrad überquerte , brandete eine unüberhörbare und Gänsehaut verursachende Stimmung durch das kleine Nest an der Grenze zu Brandenburg. Auf dem Sportplatz am Eichenhain lief gerade die 32. Spielminute und der TSV Stahl Riesa ging in diesem Moment bei der FV Gröditz 1911 mit 1:0 in Führung. Der eingangs erwähnte Schreiberling verpasste dieses Tor von Tobias Träger genau so wie das 1:1 15 Minuten später. Eine Radtour unter Kollegen von Riesa durch die Lommatzscher Pflege nach Obermuschütz sowie die anschließende Hatz über die Fähre Niederlommatzsch nach Neuseußlitz , Großenhain , Skassa , Wildenhain , Pulsen und schließlich Gröditz mit Tochter – es war einfach nicht zu schaffen! Die erste Halbzeit soll dem Vernehmen nach aber gar nicht so sehr mitreisend gewesen sein , dazu noch drei Euro Eintritt gespart und beim Eintreffen von Thommsen mit einer Bierrunde überrascht – man muss es sich nur schönreden können ... Vom Sahlser war zu erfahren , dass der Gröditzer Kapitän mit der Rückennummer 7 nach Verwarnung und späterer Ermahnung kurz vor dem Platzverweis steht. Das 1:0 für Stahl wohl eher etwas unverdient , da bis dahin Gröditz das Spiel gemacht hat. Dafür hämmerte Scheune aber wenige Sekunden nach der Führung den Ball an die Latte und die FVer konnten sich nun nicht mehr über den Rückstand beschweren. Dann letztlich der Ausgleich in der Nachspielzeit der ersten Hälfte. Für Einige eindeutig Torwart Barth der Sündenbock , andere nahmen die komplette Abwehr in Sippenhaft.Somit wurde das Spiel also nach der Pause beim Stand von 1:1 fortgeführt und es entwickelte sich noch ein denkwürdiges Match. Keiner der knapp 200 Stahl-Fans wird seine Reise nach Gröditz bereut haben nach dieser messerscharf geführten , temporeichen und einsatzstarken zweiten Halbzeit.Zunächst aber pures Entsetzen auf den Rängen , als die Gröditzer bereits in der 48. Minute in Führung gehen können. Roman Kunze lässt sich an der Mittellinie vom Torschützen den Ball abluchsen , dieser steuert nur halbherzig bedrängt von Rico Kaiser auf den Riesaer Strafraum zu und vollendet mit einem schönen Schlenzer ins lange Eck zum 2:1. Während wieder einige Herzinfarktgefährdete auf den armen Tobias Barth schimpften , muss man doch ganz objektiv sagen – er hatte keine Chance. Wohl auch dann nicht , wenn er auf seiner Torlinie gestanden hätte!Was jetzt folgte ist so sonderbar wie selten. Nach dem Rückstand erwachten die Fans , erst noch ein wenig zögerlich und dann immer lautstärker , motivierten so ihre Mannschaft zum Weitermachen. Und die Mannschaft dankte es , schaltete nun endgültig um auf Sturm und Drang. Höchster körperlicher Einsatz gepaart mit Enthusiasmus und schönem Kombinationsspiel , die Gastgeber wähnten sich bestimmt plötzlich in einem anderen Spiel und kamen kaum noch aus ihrer Spielhälfte.Eine Stunde war gespielt , da nahm Tobias Träger sein Herz in beide Hände und zog aus der zweiten Reihe einfach mal ab. Krrrrach , der saß! Das Torgebälk vibriert bestimmt heute noch und der Torwart hat `nen Tinnitus davongetragen. Das Netz hat gewackelt , aber ein Tor war es leider trotzdem nicht! Zum Verrücktwerden! Wenige Minuten später der große Auftritt des „Merlyn“ Haberstock. Er kommt für Roman Kunze auf den grünen Rasen , ist noch beim Auflaufen und plötzlich fällt das 2:2. Hat der Junge `ne Aura! Noch viele Minuten nach Spielschluss würde er bei den Fans stehen und sein Glück scheinbar gar nicht fassen können. „Mit Merlyn kam die Wende“ – so vielleicht die Schlagzeile in seinem Kopf. Wende deshalb , weil es nicht bei dem 2:2 nach dem Tor von David Wukasch blieb. Zunächst verhinderte zwar noch der Linienrichter die Führung für Stahl Riesa , als er einen Treffer mit seiner Fahne wegen Abseits zurückwinkte. Aber die Gröditzer wirkten zunehmend überfordert und konnten sich meist nur noch durch Fouls helfen, was aber auch nach hinten los ging. Eine viertel Stunde vor Schluss langt der 7er hin und ... – der Sahlser sollte recht behalten. Dem Schiri blieb gar nichts anderes übrig , als dem Sünder die Rote unter die Nase zu halten. Fünf Minuten vor Schluss erneuter Freistoß für die Riesaer , die Flanke erreicht im gegnerischen Strafraum den Kopf von „Perle“ Heyne und dieser Kopf streichelt den Ball ganz sanft ins Tor. Unbeschreiblicher Jubel auf den Rängen , die Gastgeber stehend k.o. , nur David Wukasch hatte noch nicht genug. Eine Minute nach der Führung dringt er in den 16er ein , hat nur noch den Gröditzer Schlussmann vor sich und lupft das Leder ganz abgebrüht über diesen hinweg zum 4:2 in die Maschen. Ein Sieg nach tollem Spiel gegen einen guten Bezirksklassegegner, das macht Mut und gibt Selbstvertrauen. Zumal die Modefarben in Fußball-Deutschland im Moment sowieso Blau-Weiß zu sein scheinen. Karlsruher SC aufgestiegen in die 1. Liga , dahinter mit Hansa Rostock und MSV Duisburg zwei weitere Blau-Weiße auf dem Sprung. Schalke 04 trotz Niederlage weiter auf Meisterkurs. Und in der Regionalliga schnappen hoffentlich die blau-weißen Magdeburger den schwarz-gelben Dresdnern den Aufstiegsplatz weg.Nicht unerwähnt soll bleiben , dass der Spottclub heute beim ESV Dresden nicht über ein Unentschieden hinaus kam und sich der TSV Stahl Riesa dadurch Rang 2 in der Tabelle erobert hat.

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